Krisen-PR ist seine Profession. Christian Scherg, 39, berät Prominente aus Wirtschaft, Sport und Showgeschäft, die die Kontrolle über ihr Bild in der Öffentlichkeit verloren haben. Er ist Autor des Ratgebers „Rufmord im Internet. So können sich Firmen, Institutionen und Privatpersonen wehren“. Die Welt: Herr Scherg, über. Kann man da noch von einem Shitstorm sprechen? Christian Scherg: Nein, das ist schon eine richtige Anti-Lanz-Kampagne. Ein Shitstorm brandet schnell auf und löst sich ebenso schnell wieder auf. Es geht darum, schnell Frust abzulassen. In diesem Fall aber ebbt die Aufregung nach der Talkshow nicht ab, sie wird stärker. Offenbar war die Sendung nur ein Aufhänger, um eine Anti-Lanz-Kampagne zu forcieren. Scherg: Die Stimmung gegen ihn ist so massiv, dass sich keiner traut, für ihn Partei zu ergreifen. Es ist eine Hexenjagd. Bei 190.000 Unterschriften besteht die Gefahr, selbst an den Pranger gestellt zu werden. Die Welt: Warum ist gerade Markus Lanz zur Hassfigur geworden? Scherg: Das Problem an Markus Lanz ist, dass er im Kern zu perfekt ist. Persona non grata| Jorge Edwards, Angelica Ammar, Sabine Giersberg| ISBN: 017| Kostenloser Versand für alle Bücher mit Versand und Verkauf. Er vereint alles, was man sich von einem Moderator wünscht. Er ist eloquent. Er sieht gut aus. Er ist der Typ Schwiegermutters Liebling. Die meisten Menschen sind aber nicht so perfekt wie er. Die haben nicht immer das richtige Argument und Lächeln parat. Die Welt: Das heißt, er provoziert durch seine bloße Art? Scherg: Was provoziert, ist seine professionelle Fassade. Die ist so etwas wie eine goldene Rüstung. Man sucht die rostige Stelle, die Lücke, um durch diese Rüstung durchzudringen.
Scherg: Das hat natürlich auch etwas damit zu tun, dass er so wandelbar ist. Man weiß eigentlich gar nicht so richtig: Wer ist dieser Markus Lanz? In seiner Talkshow ist er ein harter Talker. Wenn er mit den Prominenten auf der „Wetten, dass.?“-Couch sitzt, ist er eher kuschelig. Man hat schon fast das Gefühl, dass er eher Stichwortgeber ist. Als Prominenter muss man aber auch Ecken und Kanten haben. Die Welt: Warum? Scherg: Wenn man zu wandelbar ist, wirkt man schnell eindimensional, beliebig und unglaubwürdig. Zu einem Image gehört eben nicht nur Kompetenz. Sympathie und Glaubwürdigkeit sind weitere wichtige Säulen. Wer es allen recht machen will, schafft das am Ende bei niemandem. Persona Non Grata ÜbersetzungDie Welt: Und wie schneidet Markus Lanz nach diesem Modell ab? Scherg: Kompetent ist er. Er macht einen richtig guten Job. Aber das allein reicht eben nicht. Gerade weil er nur mit Kompetenz punktet, schießt er als Talker übers Ziel hinaus. Die Empathie bleibt auf der Strecke. Aber das fast schon absurde Überangebot an künstlerischem und technischem Können, aus dem er schöpfen durfte, sei ihm auch eine gute Schule gewesen. Doch vor allem existiert der Film dank der Zeit, die das Thalia-Team und befreundete Kollegen investiert haben. Eine 'Schauspielerverschwendung' nennt der Neu-Regisseur sein Werk. Wenn er das sagt, lacht er zwar. Am ende ist man tot. ![]() Und er erscheint so als Streber? Scherg: Genau. Er ist ja beim ZDF schon ganz oben angekommen. Der König der Samstagabendunterhaltung muss jetzt auch Emotionen zeigen. Die Welt: Was heißt das? Scherg: Er muss zeigen: Was ist meine persönliche Motivation? Sonst entstehen Interpretationslücken. Und die füllen irgendwann andere. Das wird gefährlich. Man gibt die Deutungshoheit über die eigene Persönlichkeit aus der Hand. Die Welt: Wie sollte Lanz denn jetzt noch Sympathien gewinnen? Scherg: Indem er zeigt, was ihn treibt. Wenn es ihm um die Suche nach der Wahrheit ginge, könnte er sich zum Beispiel für guten Journalismus engagieren. Die Welt: Er reist regelmäßig in die Antarktis. Scherg: Es müsste aber etwas sein, bei dem man das Gefühl hat, er macht es, weil es ihm ein Bedürfnis ist – und nicht, um sich zu profilieren. Die Welt: Fällt Ihnen ein Moderator ein, der alles richtig macht? Scherg: Ja, Günther Jauch. Der lässt auch immer persönliche Dinge aufblitzen wie die Freundschaft zu Thomas Gottschalk. Der bringt eine gewisse Lockerheit mit und nimmt sich selber nicht so ernst. Über Wikipedia. ![]() Das macht ihn sympathisch. Die Welt: Hat Herr Lanz die Deutungshoheit an den Mob verloren? Scherg: So könnte man das formulieren. Es gibt eine Skandalisierungsspirale, das heißt, die Medien greifen die Kritik an „Wetten, dass.?“ aus den sozialen Netzwerken auf. Dieses Feedback wandert dann wieder zurück in die sozialen Netzwerke. Und die Spirale dreht sich weiter. Zufälliger ArtikelDie Welt: Wo ist der Punkt, an dem man den Anlass für die Kritik aus den Augen verliert? Scherg: Im Fall Lanz war das schon bei der ersten Spiralwindung, als die Medien die Empörung über „Wetten, das.?“ zum Anlass nahmen, um wieder über „Wetten, dass.?“ zu berichten.
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April 2019
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